Die Entwicklung von Weilerswist
Die Gemeinde Weilerswist besteht heute aus insgesamt 14 Ortsteilen (Bodenheim, Derkum, Großvernich, Hausweiler, Kleinvernich, Lommersum, Metternich, Müggenhausen, Neuheim, Neukirchen, Ottenheim, Schneppenheim, Schwarzmaar, Weilerswist). Schon seit Jahrhunderten fanden Menschen in der fruchtbaren Börde um Erft und Swist Nahrung und Heimat. Steinzeitmenschen, Bandkeramiker, Urnenfelderleute, Kelten und Germanen, vor allem Römer hinterließen ihre Spuren.
Spätestens die Franken gründeten fast alle Dörfer und Einzelhöfe und nahmen den christlichen Glauben an. Im 9. und 10. Jahrhundert verschenkten und verlehnten die deutschen Kaiser und Könige viele Ländereien an ihre Vasallen, Kirchen und Klöster, und ihre Getreuen folgten ihrem Beispiel. So hatten im 11. und 12. Jahrhundert die Aachener Pfalzgrafen und ihre Erben größtenteils das Land zwischen Köln, Bonn, Ahr und Erft in ihrem Besitz. Die Herrlichkeit Weilerswist kam 1302 gleichzeitig mit dem benachbarten Metternich durch die Verpfändung des Grafen von Hülchrath an den Kölner Erzbischof und blieb seitdem kölnischer Besitz. Den Hauptanteil am Grundbesitz in Weilerswist hatten Adel und geistliche Institutionen. Scheiffartsburg und Kühlseggen waren stattliche Wasserburgen. Die Ruine Scheiffartsburg steht heute nicht mehr.
Dagegen besteht heute noch das Burghaus Kühlseggen, das aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts stammt. Mit dem Einmarsch französischer Armeen endete 1794 im linksrheinischen Gebiet die Kleinstaaterei. 1798 wurde eine einheitliche Verwaltungsorganisation und Gemeindeverfassung eingerichtet, ab 1802 folgte die Neugliederung der Bistümer und Pfarreien, 1804 die Einführung des französischen Zivil- und 1820 des französischen Strafrechts. Manche dieser Einrichtungen blieben erhalten, als das rheinische Land 1816 zum Königreich Preußen kam. Jahrhundertlang war die Landwirtschaft Haupterwerbsquelle mit Burgen und den von Wasser umwehrten Höfen als Großbetrieben.
Klein Spanien
Über kurz oder lang werden Sie auf diesen Begriff stoßen und sich fragen „Was hat Weilerswist mit Spanien zu tun?“ Hier die Erklärung: Aus einer Urkunde des Jahres 1152 geht hervor, dass Lommersum (mit Bodenheim, Hausweiler, Ottenheim und den Schneppenheimer Höfen) um diese Zeit zum Herzogtum Limburg (Belgien) gehörte.
Durch Kriege, Heirat und Schenkung wechselte Lommersum mehrfach die Zugehörigkeit zu den Herrscherhäusern. 1477 fiel der Besitz Lommersum an das Haus Habsburg. 1494 übergab der Kaiser den burgundischen Besitz seinem Sohn Philipp dem Schönen, der sich zwei Jahre später mit Johanna der Wahnsinnigen, Tochter der „Katholischen Könige“ Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon, vermählte. Aus dieser Ehe geht der spätere spanische König Karl I. und deutsche Kaiser Karl V. hervor, der 1522 auf dem Reichstag zu Worms die Besitzungen Brabants - und damit Lommersum - mit Spanien vereinte. Damit gehörte Lommersum (zusammen mit Kerpen und Mödrath) zu Spanien.
Von 1522 bis 1786, also länger als 250 Jahre, unterstand die Herrschaft dem Souveränen Rat von Brabant in Brüssel. Philipp II., Sohn Karls V. und ab 1556 König von Spanien, führte unter dem Siegel der Verteidigung der katholischen Religion einen erbitterten Kampf gegen die aufständischen Niederlande, deren protestantisch gewordene vereinte Provinzen (das heutige Holland umfassend) sich 1591 von Spanien lossagten. Die südlichen Provinzen, darunter Brabant mit Lommersum, wurden nun endgültig an Spanien gekettet.
Für Lommersum bedeutete das eine harte und niederdrückende Zeit. Karl VI. von Spanien übertrug 1710 die vereinigten Herrschaften Lommersum und Kerpen dem Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, der damit 1712 seinen Minister, den Grafen Johann Friedrich von Schaesberg belohnte. Kaiser Joseph II. verzichtete in seiner Stellung als Herzog von Brabant 1786 auf die Lehnshoheit über Lommersum und wies zudem den Souveränen Rat von Brabant an, seinerseits auf die oberste Gerichtsbarkeit über Lommersum zu verzichten.
Damit war ein Vierteljahrtausend spanisch-habsburgische Ära für Lommersum beendet. Als reichsunmittelbare Herrschaft wurde der Ort nun Eigentum des regierenden Grafen August Friedrich von Schaesberg, eines Sohnes des oben genannten Johann Friedrich. An die spanisch-habsburgische Zeit Lommersums erinnert heute noch das sogenannte spanische Rathaus in Lommersum.
Haus Heskamp
Vor fast einem Jahr war Helene Kürten mit der Bitte an die Ratsmitglieder herangetreten, das Haus Heskamp in Villa Stern umzubenennen. Sie hatte im September 2019 den Großneffen von Richard Stern, Jack Romberg, bei seinem Deutschlandbesuch in Weilerswist getroffen.
Romberg beabsichtigte, ein Buch über seinen Großonkel zu schreiben und war gerührt, dessen Geburtshaus betreten zu können. "Während dieses Besuchs wurde mir sehr schnell bewusst, welch nachhaltige Erinnerung Richard Stern bei seinem Großneffen hinterlassen hatte", berichtete Helene Kürten damals dem Gemeinderat.
Und sie erzählte von einer Fotografie, entstanden um die Jahrhundertwende, auf dem das heutige Haus Heskamp den Schriftzug Villa Stern trug. Im Laufe der Jahrzehnte verschwand der Schriftzug und mit ihm die Erinnerung an Richard Stern und dessen mutigen Aufstand gegen das Hitler-Regime. Haus Heskamp wurde schließlich nach dem letzten Eigentümer des Hauses benannt, bevor es die Gemeinde kaufte.
Der Rat entsprach in seiner Sitzung damals nicht dem Wunsch Helene Kürtens, das Haus umzubenennen. Jedoch sollte, so der Beschluss des Rates, eine Gedenktafel an den Erbauer und dessen Sohn erinnern.
Gemeinsam mit Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst und dem ehrenamtlichen Denkmalbeauftragten der Gemeinde, Hans-Walter Rhiem, stellte sich Helene Kürten zum Foto an die Gedenktal, die jetzt unmittelbar unter dem Schriftzug Haus Heskamp hängt. Über einen QR-Code gelangt man direkt zur Geschichte Richard Sterns.
Mit Freude hörte Helene Kürten, dass bereits einen Tag nach Anbringen der Gedenktafel eine Schulklasse der Gesamtschule hier Halt machte und per Handy-Scans die Geschichte Richard Sterns erfuhr. "Heute bin ich ganz froh, dass das Haus nicht umbenannt wurde sondern die Lösung mit der Gedenktafel gefunden wurde. Bei den alteingesessenen Weilerswistern wäre es immer das Haus Heskamp geblieben. Und so hat man doch die Möglichkeit, auch etwas über Richard Stern zu erfahren", so Helene Kürten.